Das Siedlungshäuschen haben sie als Sudetendeutsche Anfang der 50er in einem Vorort von Hanau selbst gebaut – mit den Materialien, die sie organisieren konnten. Oben lebten die Eltern meiner Schwiegermutter. Sie haben eine Wohnküche und ein Schlafzimmer. Das kleine Zimmer daneben, in dem später mein Mann als Jugendlicher wohnte, wurde vermietet. Unten, in den zwei Zimmern und der Wohnküche, lebte die junge Familie lange Zeit zu viert. Im Garten gab es Hühner, Obstbäume und Gemüse. Beide Hausherren hatten es miteinander nicht ganz leicht. Doch die Frauen schafften es immer wieder, den Haussegen geradezurücken.
Als ich Anfang der 90er als Schwiegertochter in diesen Kosmos eintauchte, lebte in der oberen Etage noch meine Schwiegergroßmutter. Gegessen wurde gemeinsam mit meinen Schwiegereltern unten. Oma Retl starb in dem Haus, mein Schwiegervater starb dort und im Frühjahr 2021 starb dann auch hochbetagt meine Schwiegermutter. Bis zuletzt konnte sie in ihren vier Wänden bleiben. Für uns der wünschenswerteste Abschied, den wir uns hätten vorstellen können.
Mittlerweile ist das Haus verkauft, es gibt viel zu renovieren für die junge Familie mit den zwei kleinen Kindern. Wie es sich wohl anfühlen wird, wenn wir irgendwann einmal dort vorbeischauen? Eingeladen sind wir jedenfalls.
Mutmaßungen
Haus gestrichen
neuer Lack
Haushalten in Corona – wer sich besuchen darf mehr Leute
Kontaktbeschränkungen
zwei Namen WG
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Dass ich mich einmal einsam fühlen könnte, hätte ich niemals gedacht. Dann kam die Pandemie, die Welt stand still und in meiner Wohnung wurde es auch immer stiller. Eines Abends klopfte es an der Tür und als ich nachsah, hatte jemand mir ein großes Stück Kuchen auf die Fußmatte gestellt. Dazu ein Zettel „Lass es dir schmecken – deine Nachbarn von nebenan“ In den darauffolgenden Wochen haben wir eine Art Spiel daraus gemacht und uns – obwohl wir uns vorher gar nicht kannten – gegenseitig kleine Leckereien oder selbstgemachte Dinge vor die Haustüren gestellt, immer versehen mit kleinen Botschaften. Einige Wochen später haben wir uns dann im Garten getroffen. Mittlerweile sind wir gut befreundet und wissen: im Notfall ist immer jemand da – nur eine Tür entfernt.